Eine Geburtstagskarte mit dem Satz „Stricke Deinen Lebensfaden!“ hat mich zum Nachdenken angeregt. Manchmal, wenn das Leben bedroht ist, sagen wir: „Es hängt nur noch an einem seidenen Faden.“ Und am Ende, wenn wir nichts mehr zu stricken, zu häkeln, zu weben haben, schneidet einer den Lebensfaden einfach durch und das Leben ist am Ende. Ich kann den Faden verlieren, Geduldsfäden können reißen, ebenso darf ich den Faden wieder aufnehmen. Diese Sprichwörter fallen mir zunächst ein.
Wie sieht mein Lebensfaden aus? Welches Muster verbirgt sich in meinem Leben? Gibt es ein durchgängiges Lebens-Muster? Ich habe früher viel gestrickt, die schönsten Muster, mal kompliziert, mal einfach, verschiedene Wollarten wurden zu kunstvollen Werken verarbeitet.
Ich glaube, wir alle stricken unser Lebensmuster, wir stricken Leben jeden Tag ein Stück weiter. Masche für Masche reiht sich jeder Tag an den anderen, fest verbunden und nicht zu lösen unser ganzes Leben lang. Die einen stricken liebevoll und sorgsam, mit Freude gestalten sie ihr „Lebenswerk“. Die anderen stricken mühevoll und es kostet sie Kraft, ihren Lebensfaden jeden Tag neu aufzunehmen. Wieder andere versuchen die Fäden krampfhaft in ihren Händen zu halten, während manche Menschen mit Leichtigkeit die Maschen aneinanderreihen, Laufmaschen übersehen, Verknotungen überdecken. Verblüffend, staunenswert, wenn ich die Vielfalt unserer Strickmuster betrachte und vor meinen Augen Revue passieren lasse.
In vieles sind wir verstrickt, miteinander verstrickt im Netz von Beziehungen, von Gemeinschaften, manchmal reißt der Faden und ein neuer wird aufgenommen und verflochten im Muster unseres Lebens. Ja – mein Lebensmuster ist bunt und vielfältig, die verschiedensten Fäden haben sich verwoben zu einem Ganzen, auf das ich mit Dankbarkeit zurückblicken kann. Da gehören komplizierte Zeiten ebenso wie Zeiten voller Leichtigkeit dazu, mal sind eher die dunklen Fäden verstrickt ein anderes Mal leuchten die Farben in allen Nuancen. Das Muster meines Lebens – ein großes Lebens-Muster: Fäden, die sich berühren, andere, die miteinander verknotet sind; starke Lebensfäden und mal hauchdünne. Gut, dass es Menschen gibt, mit die mit meinen Lebensfaden schon lange verbunden sind und damit mein Lebensmuster schmücken.
Es bleibt uns verborgen, wie viel Lebensfaden wir noch zu verstricken haben. Aber wir haben die Nadeln in der Hand, können das Muster wechseln, die Technik und das Werkzeug. Nur aufribbeln können wir unser Lebenswerk nicht, die Knoten, die Löcher, die Nahtstellen bleiben. Aber wie es auch geworden sein mag, das Strickwerk unseres Lebens, in Gottes Augen ist es einmalig und kostbar. Unsere Lebensmuster müssen nicht immer glitzern, aber wir können sie einzigartig gestalten mit liebevollen Schmucksteinen der Freude, der Zuversicht, der Achtsamkeit, der Liebe und nicht zu vergessen den kleinen Funkelstein Hoffnung.
Carpe diem – nutze den Tag, nutze die Zeit. Dazu gewinnen kann ich nichts, nicht eine Sekunde. Aber ich kann meine Zeit gestalten und sie mit Lebens-Sinn erfüllen. Voller Gelassenheit kann ich weiter an meinem Lebensfaden stricken, häkeln oder weben und darauf hoffen, dass mir dazu viele helle, warme Farben geschenkt werden. Aber wie er dann auch ausgefallen sein mag, Dein und mein Lebensfaden, in Gottes Augen ist er einmalig und kostbar. Unter seinem liebevollen Blick lösen sich Knoten, wird Fehlendes ergänzt, verwandeln sich Laufmaschen in Muster. Mit sicherer Hand fügt er unser Strickzeug ein ins Ganze seines großen, wunderbaren Schöpfungsmusters – davon bin ich überzeugt!