Die Lyrikerin Hilde Domin hat in einem ihrer Gedichte den Vers geprägt. „Fürchte dich nicht. Es blüht hinter uns her.“ Wenn das von mir gesagt werden würde, welch‘ ein Geschenk! Jeder Mensch hinterlässt Eindrücke und Spuren. Geprägt sind diese Spuren durch die Art zu leben, durch die Worte, die wir sprechen, die Taten, durch das Auftreten. „Es blüht hinter uns her“, diese Worte kamen mir wieder in den Sinn als ich darüber nachdachte, von ehrenamtlichen Tätigkeiten Abschied zu nehmen, weil mir im Alltag kaum Luft zum Atmen blieb.
Abschiede kündigen sich an, indem ich etwas infrage stelle, was vorher selbstverständlich war. Und das habe ich in diesem Jahr ganz deutlich gespürt: Die Zeit ist gekommen, jetzt ist der richtige Zeitpunkt …“alles hat seine Zeit!“. Manchmal ist es auch sinnvoll, dass gute Wegbegleiter, Freundinnen und Freude da sind, die aus einer anderen Perspektive etwas sehen und es mir widerspiegeln. Ich habe Vor- und Nachteile durchbuchstabiert und habe das alles immer wieder in mir und mit mir in aller Stille, in der Feier des Gottesdienstes, im Gebet, in vielen Gedanken durchbuchstabiert.
Thomas von Aquin, der große Theologe des Mittelalters, stellte einmal fest: „Nichts gelingt gut, außer man vollbringt es mit Freude.“ Ich glaube, wenn die Freude bei meinem Engagement fehlt, dann ist es Zeit, dann ist es ein deutliches Zeichen, Abschied zu nehmen. Freude ist etwas, was meinem Leben Sinn gibt, was mich Tag für Tag stärkt, Freude am Beruf bereichert mein Leben, Freude an der Beziehung lässt mich am Du wachsen, Freude ist nachhaltig und strahlt aus – und das finde ich sehr wichtig!
Ich glaube aber, dass Abschiednehmen und Loslassen und die Bereitschaft zum Aufbruch zu meinem Leben dazu gehören. So sehr es einerseits zu unseren menschlichen Grundbedürfnissen gehört, sich im Vertrauten und Liebgewonnenen Sicherheit und Beheimatung zu verschaffen und Fremdem, Ungewohntem zu misstrauen, so sehr mutet mir andererseits unser Glaube zu, wachsam die Zeichen der Zeit zu bedenken, offen zu sein für neue Herausforderungen und mutig den scheinbaren Halt im Gewohnten loszulassen, weil ich weiß, dass letztlich nur Gott mich halten kann – davon bin ich überzeugt.
Mit Abschieden leben lernen, das ist ja eine lebenslange Herausforderung. Ein gutes Abschiednehmen blendet den Trennungsschmerz nicht aus, nein es hält vielmehr auch Erinnerungen wach und darüber hinaus eröffnet es den Blick nach vorn, in eine neue Perspektive – und wer weiß, wohin sie mich führen wird. Mit diesen Gedanken konnte ich meine Entscheidung fällen und sie fühlt sich gut und stimmig an. Was wir loslassen, kann uns nicht mehr festhalten …wie wahr!
Von Albert Schweitzer stammen die Worte: „Das Wichtigste im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen.“ – und ich glaube, diese Spuren sind wertvoll, sehr nachhaltig und auf die kommt es wirklich an! In der Erinnerung an die vergangenen Jahre, so hoffe ich doch, dass einige Blütenspuren sichtbar geworden sind und auch in Zukunft bleiben werden.