Eine geschenkte Stunde Zeit, die ich mit einem frühen Spaziergang durch den Wald genossen habe. Ja, der Wald hat gerade seine Blätter in allen Farben angestrichen: Gelb, Rot und Herbstbraun – goldene Oktoberfarben. Es ist herrlich, zwischen farbenfrohen Bäumen spazieren zu gehen und die Luft einzuatmen, sie riecht nach Erde, nach Laub und nach Regen. Unter meinen Füßen raschelt das Laub, der Wind rauscht in den Ästen. In diesen Tagen erlebe ich auch das Licht in seiner ganzen Lichterfülle – zwischen Sommerhelle und Winterdunkel, je nach Tageszeit.
In den letzten Wochen spüre ich zunehmend eine Schwere in mir, wolkenverhangene Gedanken bestimmen meinen Alltag. Im Laufe eines Tages geht mein Blick immer wieder auf die aktualisierten Inzidenzzahlen, auf die Zahl der Neuinfektionen. Hygienevorschriften und Verordnungen sowie neue Allgemeinverfügungen machen es nicht immer einfach, den Kopf frei zu bekommen. Die derzeitige Situation macht viele unsicher, die Angst und die Sorge schleicht sich unter die Haut, lässt uns dünnhäutig und äußerst empfindsam werden. Ich weiß und nehme es auch im Freundeskreis wahr, die offene Situation, in der es keine gesicherten Handlungsempfehlungen gibt, bestimmt für viele den Alltag. Ungewissheit verunsichert und lähmt die Kreativität, neue Ideen und Gedanken für eine positive Zukunft zu entwickeln.
Deutlich merken wir, das Leben ist nicht kontrollierbar. Die Verletzlichkeit des menschlichen Daseins ist wie selten zuvor für alle Menschen spürbar. Politik und Gesellschaft mögen uns einen Weg aus der wirtschaftlichen Krise zeigen, Antworten auf existentielle Fragen können sie nicht geben. Alle Fragen nach der Zerbrechlichkeit unseres Lebens, nach dem Sinn unseres Seins und Tuns, nach der Zukunft, auch die Frage nach Gott finden im öffentlichen Raum keine Antworten.
Mögen uns Hygiene- und Abstandsregeln „verbinden“ – ich benötige Menschen, mit denen ich meine Sorgen, meine Ängste, meine Fragen teilen kann und manchmal auch einfach das stille Gebet, das mich „verbindet“ oder der Gottesdienst, der mir neue Zuversicht und Hoffnung schenkt. Ich bin froh und dankbar, dass es Menschen in meiner Nähe gibt, mit denen ich mich verbunden weiß, und die mir hoffnungsfrohe Gedanken und Gespräche schenken. Ein Naturspaziergang inmitten dieser Farbpalette verschiedenster Grün- und Brauntöne kann meine Gedanken zur Ruhe bringen und ich genieße diesen Farbenrausch – wenigstens in dieser geschenkten Stunde!
Ja, in dieser Zerrissenheit zwischen goldenem und wolkenverhangenem Herbst Glitzerfäden entdecken und diese in den Alltag streuen und auf das Positive richten und leben – dann können selbst die dunklen Zeiten ein wenig heller werden!