Beziehungs-Arbeit

In diesen Tagen fällt mir das Wort „Beziehungs-Arbeit“ zu. Beim Lesen stocke ich – das Wort „Beziehungs-Arbeit“ scheint irgendwie ein Widerspruch in sich zu sein. Eine Beziehung kann ich nicht mit Arbeit herbeiführen, sie erzwingen. Wir leben heute in einer „kontaktreichen Beziehungslosigkeit“ und damit meine ich, dass wir viele Kontakte haben, aber wirkliche Beziehungen? Freundinnen und Freunde? Nicht überall wo Freundschaft draufsteht, ist auch Freundschaft drin, da denke ich an sog. Facebook Freunde.

„Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei!“ hören wir in der Schöpfungsgeschichte, und die meisten von uns können das aus eigenen schmerzlichen Erfahrungen von Einsamkeit bestätigen. Es tut einfach gut, wenn ich einen Freund, eine Freundin habe, mit der ich reden kann, wenn es mir mal nicht gut geht. Die oder der da ist und schon am Klang der Stimme am Telefon hört oder aus einer SMS liest, dass ein Gespräch gut tun wird. Es ist gut, wenn ich Menschen an meiner Seite weiß, auf die ich mich verlassen kann, die sich für mich interessieren.

Beziehungen, Freundschaften entwickeln sich, sie wachsen, wenn man sich aufeinander einlässt. Freundschaft ist etwas Gegenseitiges, das habe ich gerade in den letzten Wochen zunehmend erfahren. Mir sind Beziehungen und Freundschaften wichtig und wertvoll, wenngleich einige Freundschaften in der letzten Zeit eine andere Wertigkeit erhalten haben. Wenn das Gefühl entsteht, nur in eine einseitige Einbahnstraße zu fahren, die Initiative immer nur von einer Seite ausgeht, dann ist etwas nicht mehr im Gleichgewicht.

Gleichzeitig meldet sich in mir der Einwand, es gilt nicht nur zu erwarten: Also die müsste doch jetzt mal endlich …sondern ebenso zu fragen: Was investiere ich? Nimm ich mir Zeit? Ist für mich die Freundschaft nur ein ‚nettes‘ Beiwerk? Jede und jeder hat sicherlich eine eigene Antwort parat, wenn die Frage gestellt wird, was eine Freundschaft ausmacht. Wie wichtig bin ich für andere? Werde ich überhaupt vermisst, wenn ich weg bin? Oder fällt es gar nicht weiter auf? Macht sich jemand die Mühe, mich „zu suchen“, mich aufzusuchen oder zu besuchen? Das sind Fragen, die mir bei diesen Gedanken kommen.

Und: Nicht alle Freundschaften halten für die Ewigkeit, manche Freundschaften zerbrechen, aus unter-schiedlichen Gründen, manchmal gehen Wege auseinander, weil der eine wegzieht, andere Interessen entwickelt oder wenn es einfach keine gemeinsame ‚Schnittmenge‘ mehr gibt. Das kann sehr schmerzhaft sein, so erlebe ich es jedenfalls. Dann müssen wir lernen, das Gewesene als einen Schatz zu bewahren und sich daran zu freuen, was war, was gemeinsam erlebt und erfahren wurde.

Beziehungs-Arbeit – ja, im Sinne von an einer Beziehung ‚arbeiten‘, sie pflegen, etwas dafür tun, damit sie auch weiterhin Bestand hat. Was ich tun kann ist, die zarte Pflanze Freundschaft gießen, indem man miteinander Zeit verbringt, sich für den anderen interessiert und etwas zusammen unternimmt. Es sind manchmal die einfachen, kleinen Freundschaftsgesten, die eine Freundschaft wertvoll und kostbar mache.

Ich bin froh und dankbar, dass ich einige mir sehr wertvolle Freundinnen und Freunde habe. Mögen unsere Beziehungen und Freundschaften blühen und nicht verwelken – es lohnt sich, an Beziehungen zu arbeiten, sie zu pflegen!